Was die Anderen sagen:

  • Die bodenständig rockende Seite der Schweiz-Hamburger-Schule zeigt sich 20 Jahre später vitaler gealtert als viele Genre-Genossen.

    Zu Beginn ihrer Karriere, Mitte der 1990er, waren die Aeronauten so etwas wie die rumpeligen Sidekicks der eleganten L’Age-D’Or-Szene, also von Tocotronic und den Sternen, ergo: der sogenannten Hamburger Schule. Warum eigentlich nur Sidekicks? Vielleicht, weil ihre Musik und vor allem die Texte ein wenig zu nahbar waren, nicht sehnsüchtig genug, und vor allem durchsetzt von einem Humor, der keine Scheu vor Bodenständigkeit hatte. In den Jahrzehnten danach tourten die Schweizer immer wieder durch die Lande, sie spielten kraftvolle Shows und veröffentlichten neue Musik, hatten Fans, aber nie Massen davon. Bedingungslose Ambition lag ihnen fern, Stippvisiten in andere Stile und Kunst waren wichtiger, und davon ist auch »Heinz« gekennzeichnet.

    Das Album hangelt sich von Funk und Brass über Garage-Rock’n’Roll zu Disco, es ist schlau, und es transportiert eine zu oft vermisste Haltung, aber es entfernt sich nie zu weit vom heutzutage fast verstörend analogen Aeronauten-Stil, der einst die Hamburger genauso einfing wie die Linken und die Rocker. »Same procedure as every year«, könnte man meinen, aber »Heinz« und sein bei Iggy Pops »The Passenger« geliehener Hit »Ottos kleine Hardcore Band« sind sicher mehr. Vielleicht sogar so gut, um alle verflossenen Fans wieder für diese Band zu begeistern. Sie müssen nur eins tun: endlich mal wieder zuhören.

    Text: Christian Steinbrink

    Geschrieben am 5. Oktober 2015, 10:15

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  • „Eine literarische Discoplatte“ nennen die Aeronauten ihr neues Album, in Anbetracht der drei Instrumentalstücke auf HEINZ ist das eine recht muntere Umschreibung für schlaue, immer auch eigensinnige Popmusik fernab des Hamburger Diskurses. Mögen wir uns die Geschichten, die Bilder zu den nicht betexteten Soundspielen doch denken.

    Die Aeronauten kommen aus der Schweiz, und diese Platte eröffnet ein Track namens „Schaffhausen Calling“, ein ordentlich treibendes Stück Funk-Pop, das ganz nonchalant vom Untergang einer Stadt erzählt und dabei klingt, als hätte man es in einer Stadt aufgezeichnet, die angeblich niemals schläft. So geht das mit den Aeronauten: Von Song zu Song wird umgeparkt und neu justiert, diese Welt wackelt und die Band hat den Soundtrack dazu.

    Der Titeltrack (Refrain „Mach’s gut, Heinz!“) ist ein kleines Rockkraftwerk mit Jethro-Tull-Flöte, „Ottos kleine Hardcore Band“ so eine fliegende Brüll-Hymne, wie nur die Aeronauten sie sicher auf den Boden kriegen. „Jeder ist eine Insel“ hat einen albernen Background-Chor („Wo-ho-wo-ho“) und Schmiersynthies und nervt dennoch keinen Moment. Mehrheitlich wird der Funk hier aber dunkel gespielt.

    Manchmal kann man sich Aeronauten-Sänger Guz auch als Uns Udo mit Schnute vorstellen, nur ohne den doofen Hut. Und überhaupt: Wenn Lindenberg heute noch halb so gute Songs wie die Aeronauten schreiben würde, kaufte ich wieder Udo-Platten. Die auf Papier beiliegende komplette Aeronauten-Diskografie (von Musikkassetten bis zu Full-length-Alben) nimmt auch schon den Raum eines CD-Einlegeschreibens ein. Und darauf finde ich natürlich auch mein Lieblingslied der Schweizer: „Weltmeister“, ein so gar nicht literarisches Fußball-Lied, das nach jedem WM-Titel zum Einsatz kommt.

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  • Am 23. Oktober erscheint Heinz auf Rookie Records. Heinz, der zehnte oder elfte Longplayer der Schweizer (die Band kann sich an dieser Stelle partout nicht einigen), ist schlicht und ergreifend ein Hit-Album. Ja, sicher, es ist unser Job als Label so etwas zu schreiben. Aber wenn es nun mal stimmt? Die Aeronauten haben sich – sicherlich geplant, denn zufällig passiert bei diesem Haufen gar nichts – auf Chart-Hit-Single-Terrain begeben. Und das trotz des Einsatzes von Querflöten! Ihr habt Angst? Zu Recht.

    Mit Heinz ist den Aeronauten eine „literarische Discoplatte“, O-Ton der Band, geglückt. Es sind genau die musikalischen No-Gos – sucht und findet gern selbst! –, die die Aeronauten immer wieder frisch und lebendig machen. Dass es hier nicht nur um Musik geht, Spaß und Reflektion eine seltene Verbindung eingehen, zeichnet die Band schon immer aus. In diesem Ausmaß ging uns der Aeronauten-Sound selten in die Beine; schickt uns „Mittelland“ mit Rhythm & Blues-Bläsern auf neue Umlaufbahnen, reckt der Labelboss zu „Jeder ist eine Insel“ gar regelmäßig beide Arme in die Höhe und wähnt sich wohl auf besagter Insel. Unter beinah pogoesken Zügen mit „Ottos kleine Hardcore Band“ kommen wir „Blind“ zum Finale wieder zu Luft und über allem hängen dunkle funky Wolken.
    Drei instrumentale Stücke, „Ghost Detective“, „Nakajima Island Horror“  und „Blind“, bieten Die Aeronauten zudem für das Kopfkino in Eigenproduktion an. Oder fast in Eigenproduktion, denn zu „Nakajima Island Horror wird der Plot im Booklet mitgeliefert. Und wenn gentechnisch veränderte Auberginen und Fugo Fische Japan angreifen, sollte man die Lage keinesfalls unterschätzen!  – Lassen wir den Aeronauten das vorletzte und letzte Wort:

    „Heinz handelt vom aufregenden Normalen und von den normalen Aufregern. Die Gegend zwischen Zürich und Bern nennt man „Mittelland“ und die größte Sünde ist es dort, irgendetwas zu übertreiben. Trotzdem ist dieses Mittelland bevölkert mit Heinzen, Erichs und Herr Bärs. Und damit man nicht selber verrückt wird, spielt am Samstag irgendwo Ottos kleine Hardcore Band. Am Ende ist jeder aber doch nur eine Insel. Und dann dockt Kampfstern Galactica an, Die Aeronauten steigen aus und retten die Welt. Vielleicht sogar dich. ‒ Schaffhausen ist überall.“

    Geschrieben am 18. August 2015

    Den Autor konnten wir leider nicht ausfindig machen.

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